Work in Progress 6


Sie haben mir mein Spiel gesprengt und das mit großem Vergnügen. Das kommt davon testet man mit anderen Spieleautoren. Genüsslich zerlegt haben sie mein Spiel aber dazu später mehr.

 

Der Test davor fand zu dritt statt. Zu Beginn eine 12er Startkarte Kultisten, aber keine weitere Dämonenkarte und die Kultisten entsprechend verteilt. Das sah schon sehr viel voller aus als sonst.

Da wir nur zu dritt spielten, hatte ich eine neue Variante für den fehlenden vierten Spieler ausprobiert. Ich eine Dämonenkarte gezogen und statt Kultisten habe ich die Markierungssteine der verbliebenen Farbe verwendet. Dies sollten die erfüllten Bannzauber eines imaginären Spielers darstellen.

Nach der ersten Runde hatten wir maximal ein Bannzauber (von 10) erfüllt und B. fragte, wie wir das mit der Pyramide noch hinkriegen sollten. Am Ende der vierten Runde hat er und ich zu seinem großen Erstaunen unsere Pyramide fertig. Die neuen Regeln griffen gut und die Anzahl der Kultisten passte. Zum Ende des Spiels hatten wir alle nur noch eine geringe Menge an Ressourcen. Ich war sehr zufrieden mit mir und dem Spiel und war gespannt, wie es am nächsten Tag zu viert funktionieren würde.

 

Es hat funktioniert, das Thema gefiel und auch die Atmosphäre. Wie schon am Vortag wurde die Übersichtlichkeit auf dem Spielplan bemängelt, aber was hat nun das Spiel zerlegt.

Die Möglichkeit, einen gefühlt unendlichen Kettenzug auszuführen.

Die Spieler*innen ziehen in jeder Runde fünf Karten, dazu stehen ihnen zwei Aktionssteine zur Verfügung, mit gewonnen Ressourcen können zusätzlich noch Karten gekauft werden, die für 1 Trank sofort auf die Hand genommen werden können. Da lag der Bug.

 

Die Agenten werden über die Karten auf die Städte bewegt und erhalten dort 1 Ressource. Besucht der passende Agent (Bibliothekar blaue Städte, Pharmazeut grüne Städte, Archäologe gelbe Städte) eine Stadt, erhält er eine zusätzliche Ressource, also 2. Danach kann der Agent mit einer Karte auf die nächste Stadt bewegt werden und erhält wieder 2 Ressourcen usw. Statt nun, wie von mir geplant, die Ressourcen dazu zu nutzen, Bannzauber zu erfüllen, wurden Karten gekauft und gegen Abgabe eines Tranks auf die Hand genommen. C. hatte sich auf die Art ab der 2 Runde eine so geniale Engine aufgebaut, mit nachziehen von Karten, bewegen von Agenten und Ressourcen sammeln und nutzen der Bibliothek, so dass er statt der normalen 8 – 10 Aktionen in einer Runde auf gut 20 Aktionen kam. Ein anderer Spieler M probierte diese Kette in der letzten Runde ebenfalls aus, da er seine Pyramide nicht mehr fertigstellen konnte und hoffte, über die Karten noch zusätzliche Siegpunkte zu erzielen.

Dies demotivierte die anderen Spieler, denn die Methode von C. war so dominant, dass der Gewinner schon mit der 2. Runde feststand, C.

Aber ich will vorne anfangen.

 

Zu Beginn des Spiels eine 12er Startkarte Kultisten (wie es sich herausstellte, hätte ich die 18er nehmen sollen), obwohl ich die Karte nicht als Startkarte, sondern als Teil des Spielaufbaus wählte. Danach eine Dämonenkarte aufgedeckt und eine Karte Avatar Einfluss.

Alle Spieler wählten zum Start einen Jäger, die Anzahl der Kultisten beeindruckte und der Hinweis, dass es am Ende der Runde für die Spieler 1 Fluch gab, die keinen Kultisten vertrieben hatten. Nur 1 Spieler wählte einen Bibliothekar. Zu meiner Überraschung wollten die Spieler keine Bannzauber erfüllen, nein, sie machten Jagd auf die Kultisten.

„Für 1 Kultisten brauche ich 1 Ressource. Schaffe ich bis zum Ende des Spiels 10 Kultisten sind das 56 Punkte. Warum soll ich also Bannzauber erfüllen, die in der gelben Eingangsstufe schon 2 Ressourcen brauchen.“

Ein nicht zu verachtendes Argument. Zum Ende der Runde wies ich C. auf eine Karte hin, die er kaufen sollte und damit begann in der nächsten Runde der Untergang von Mystik 2. Bewusst habe ich das nicht gemacht, aber im Nachhinein bin ich froh, dass es passiert ist.

Bannzauber hatten jeweils zwei Spieler einen erfüllt und wieder kam die Frage auf, wie eine Pyramide bis zum Ende entstehen sollte.

Doch dann kam der große Auftritt von C., der mich damit auf sehr eindrückliche Art und Weise auf diese Möglichkeit hingewiesen hat, aber nicht nur das. Die Dominanz von C. beim Bau der Pyramide, nur ein zweiter Spieler wollte seine Pyramide noch fertigstellen, führte zu kreativen Ideen.

 

Die Bannzauber sind nach unten hin kompatibel. Das bedeutet, dass hochwertigere Bannzauber auch weiter unten in der Pyramide platziert werden können, aber nicht niederwertige weiter oben. Gleichzeitig hatte ich bestimmt, dass die Siegpunkte eines Bannzaubers nicht von der Stufe, in der der Bannzauber platziert wird, bestimmt werden, sondern von Anfang an fest sind. So hat K ab der 3. Runde rote Bannzauber die höchste Stufe, die 10 Punkte wert sind, in seine Pyramide eingebaut. Das wiederum hat dazu geführt, dass M. seine Pyramide nicht fertigstellen konnte, weil schon alle roten Bannzauber verbaut waren. Das war sehr frustrierend für ihn, der sich so viel Mühe mit seiner Pyramide gegeben hatte.

 

Diese Situation erinnerte mich an 2003. Im Januar hatte Pegasus sich entschieden, dass RdH ihr erstes eigenes Brettspiel werden sollte, aber druckreif war RdH (20 Jahre danach kann ich das ja zugeben) zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zwar arbeitete Hans schon an der Grafik und Tom malte die Charaktere und das Cover, aber so ganz stimmig war das Spiel noch nicht. Im April oder Mai, genau weiß ich es nicht mehr, kam es zu einer ähnlichen Situation, wie oben beschrieben.

Carsten hatte eine Spielrunde, die sich regelmäßig in einer Hütte trafen, um zu zocken und diese Spielrunde sollte RdH testen. Ihr ahnt, was kam, sie zerlegten mein Spiel. Ein Schock, denn das Spiel sollte im Oktober in Essen erscheinen.

Natürlich hatten sie einige Änderungsvorschläge, die sich auch sehr vernünftig anhörten, aber für mich war nicht nur die Mechanik wichtig, sondern auch die Atmosphäre, das Gefühl, das beim Spielen entstehen sollte. Deshalb mussten Änderungen her, die den gefunden Fehler vermieden, aber nicht das Spielgefühl veränderten.

 

Zurück zur Gegenwart. Wieder gab es eine Menge von Änderungsvorschlägen. Die Agenten können nicht von Stadt zu Stadt ziehen und Ressourcen sammeln, das ist zu einfach. Sollte die Möglichkeit gestrichen werden, dass eine gekaufte Karte für einen Trank sofort auf die Hand genommen werden kann? Mehr rote und blaue Bannzauber und weniger gelbe und grüne. Aber vor allem, Agenten können in 1 Stadt ziehen, dort Ressourcen sammeln, ziehen weiter auf einen angrenzenden mystischen Platz, sprechen einen Bannzauber und bleiben dann bis zum Ende der Runde dort stehen.

Ab der 3. Runde haben alle Spieler 4 oder weniger Agenten und brauchen keine weiteren Agenten, weil diese ausreichen. Es werden keine weiteren Agenten mehr angeheuert. Bleiben die Agenten auf den Bannzaubern bis zum Ende der Runde stehen, werden weitere Agenten angeheuert, was ich gut finde.

 

Trotz der gefühlt großen Anzahl von Kultisten, war zum Ende des Spiels kein Kultist mehr auf dem Brett, den Grund dafür könnt ihr weiter oben lesen. Es bestand niemals die Gefahr, dass durch erscheinende Kultisten Markierungssteine der Spieler gefährdet waren, was ich nicht gut finde.

 

Ihr seht, ein Spiel ist erst fertig, wenn ein Spiel fertig ist. Der große Wolfgang Kramer hat mal geschrieben, auch wenn man glaubt, dass Spiel sei fertig, müsse man weiter testen, um dann meist festzustellen, dass doch noch etwas fehlt.

Also gut, dann teste ich weiter und halte euch auf dem Laufenden.